Tag der Landwirtschaft, Veranstaltung der FDP-Ortsverbände Recke, Mettingen, Westerkappeln
Am letzten Freitag hatten die drei FDP-Ortsverbände Recke, Mettingen und Westerkappeln zum Tag der Landwirtschaft eingeladen. Gemeinsam mit Gero Hocker, dem Agrarpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion besucht sie jeweils einen landwirtschaftlichen Hof in ihren Gemeinden. Auf einer nachfolgenden öffentlichen Veranstaltung bot Gero Hocker Gelegenheit zur Diskussion aktueller Landwirtschaftspolitik. „Das Thema Landwirtschaft liegt uns am Herzen“, teilt der FDP-Ortsvorsitzende Dennis Nieporte aus Westerkappeln mit, er bewirtschaftet im Nebenerwerb selbst eine kleine Fläche von 6 ha. Es interessiere die Ortsverbände schon länger, inwieweit wir in unseren drei Gemeinden die gleichen Problemlagen wiederfinden, die bundeweit zu erheblicher Unzufriedenheit unter den Landwirten führten.
In Recke-Obersteinbeck startete die Tour auf dem Hof von Josef Oelgemöller, der sich mit einem innovativen Konzept in einem harten Markt zu behaupten versucht. Auf Oelgemöllers Hof wird nämlich mit Sauenhaltung und angeschlossener Mast Qualitätsfleisch produziert. Dabei bieten eine moderne Offenstall-Strohhaltung beste Bedingungen für das Tierwohl. Die Auswahl einer geeigneten Schweinerasse, die richtige Fütterung und die Weitervermarktung über eine Feinkostfleischerei ermöglichen ein wirtschaftliches Produzieren. Der Betrieb wird mit hohem Arbeitseinsatz von zwei Familiengenerationen im Nebenerwerb geführt. Trotz der cleveren Produktion kamen auch in Obersteinbeck rasch generelle Problem nahezu aller Betriebe mit Viehhaltung zur Sprache: Komplizierte und von den Anforderungen her nicht selten widersprüchliche Genehmigungsverfahren und allem voran fehlende Planungssicherheit. Sich rasch und ständig ändernde gesetzliche Vorgaben führten zu schnell dazu, dass ein Stall diese Vorgaben nicht mehr einhält und nach der Abschreibungszeit nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne, weil z.B. ein halber Quadratmeter pro Box fehle. „Wir Landwirte denken in Generationen, die Vorgaben sind aber so, als ob wir alle 20 Jahre einen neuen Stall bauen könnten“ sagt Matthias Lambers, dessen Familie in Mettingen, der nächsten Station der Landwirtschaftstour, ebenfalls im Nebenerwerb gemeinsam mit der Familie seines Vaters, Stefan Lambers, einen Hof mit Aufzucht und Bullenmast betreibt. Matthias Lambers ist studierter Agraringenieur, die Ställe halten sämtliche Erfordernisse moderner Viehaltung ein, die Bullen stehen auf speziellen Gummimatten, die quasi den Weideboden in den Stall holen. Der FDP-Ortsvorsitzende aus Recke, Thomas Hermann äußerte, die Landwirtschaft stehe in jeder Hinsicht unter Druck, sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich, er sei froh im Vorfeld der Veranstaltung erfahren zu haben, dass die Landwirtschaft in unserer Region doch noch ein hohes Ansehen genieße, das gelte vor allem, wenn Menschen Höfe und Landwirte wirklich kennen würden. Auch die steigende Nachfrage nach regionalen Produkten zeuge von Vertrauen. Stefan Wünsch, Ortsvorsitzender aus Mettingen ergänzte, Landwirte pauschal als Tierquäler und Umweltzerstörer zu verunglimpfen sei nicht fair. Das betonte auch Gero Hocker, der auf eine Studie aus Niedersachsen hinwies, die nachweisen konnte, dass z.B. ein beträchtlicher Anteil an Nitratbelastung im Grundwasser keineswegs nur durch die Landwirtschaft der vergangenen Jahrzehnte, sondern zu einem beträchtlichen Anteil durch marode Abwasserleitungen verursacht werde. Auf dem Hof Leyschulte in Westerkappeln Seeste endete die Besuchstour. Dort bewirtschaften die Familien Leyschulte und Steer einen Zucht- und Milchviehbetrieb mit 140 Kühen. Die 27-jährie Katharina Leyschulte bezeichnet sich als Landwirtin aus Leidenschaft. Das sei ein so vielseitiger Beruf, letztlich seien Landwirte Meteorologen, Tierärzte, Ernährungsfachleute, Architekten und Biologen in einem. Der Hof stellt seine Arbeit transparent auf den gängigen Social Media Kanälen dar und bietet Hochschulen die Gelegenheit zur agrarwissenschaftlichen Zusammenarbeit. Auch auf dem Hof Leyschulte gibt es wenig Verständnis für praxisferne Bestimmungen. So hat kürzlich der Bundesrat darüber entschieden, Kälber nicht wie bisher nach 14 Tagen, sondern erst nach 28 Tagen transportieren zu dürfen. Grundlage war eine auch unter Tierärzten umstrittene Aussage zur immunologischen Lage junger Kälber. Problematisch sei gewesen, dass im Vorfeld mit Rinderhaltern nicht einmal im Ansatz Gespräche gesucht worden seien. Die neue Regelung hat aber drastische Auswirkungen auf die Aufzucht der Kälber und erfordere innerhalb einer kurzen Übergangsfrist mehr Stallfläche, mehr Personal und einen ganz anderen Transport. Über den Tag hatten sich auf den Höfen und der Schlussveranstaltung etwa hundert an Landwirtschaft interessierte Menschen eingefunden. Gero Hocker bemängelte in der Schlussdiskussion, er erlebe in Berlin, dass für die Landwirtschaft zu viel Reglungen nicht faktenbasiert auf wissenschaftlicher Grundlage, sondern oft aus dem Bauch heraus getroffen würden. Zu oft von Personen, die eine vermenschlichte Sicht auf Tiere hätten und beispielsweise Kühe nie aus der Nähe erlebt hätten. Hochproblematisch seien strenge Vorgaben, die in anderen europäischen Ländern nicht eingehalten werden müssten, aus denen aber landwirtschaftliche Produkte zu niedrigen Preisen importiert würden. Wichtig seien europaweit einheitliche Standards in der Landwirtschaft, denn nur so könnten Tiere, Wasser und Böden wirklich geschützt und Fairness im Wettbewerb erreicht werden. Vorrangig müssten zudem frühzeitige Dialogprozesse mit den Landwirten geführt werden, um eine sachliche Politik, die Investitionsbereitschaft durch Planungssicherheit über einen langen Zeitraum ermöglicht, zu gewährleisten.