Haushaltsrede 2007/2008
Herr Bürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,
der vorgelegte Haushaltsplan ist der erste und letzte seiner Art. Statt jetzt aber zu spekulieren, dass es sich hierbei um eine neue Art bedrohter Lebewesen handelt, geht mit diesem Doppelhaushalt die Ära der kameralistischen Haushaltswirtschaft zu Ende und die doppelte Buchführung hält auch Einzug in die Haushaltswirtschaft. Verbunden mit der Hoffnung, dass damit letztlich ein Beitrag zur Nachhaltigkeit öffentlichen Handelns geleistet wird.
Allerdings darf das neue System nicht zu einem Zahlenfriedhof der Finanz- und Ergebnisrechnung werden, sondern muss durch eine geeignete Kostenrechnung und Controlling ergänzt werden und zu einem Steuerungsinstrument für die Politik werden.
Die landauf, landab fast schon euphorisch begrüßten höheren Steuereinnahmen aufgrund der leichten Konjunkturverbesserung bringen in 2007 eine geschätzte Einnahmeverbesserung von 327T€. Das macht gerade einmal 1,4% des Gesamthaushaltes aus.
Demgegenüber müssen alleine in 2007 rd. 1.3 Mio.€ aus der Rücklage entnommen werden, weil wie bereits in den vergangenen Jahren die Einnahmen nicht zur Deckung der Ausgaben ausreichen. So gesehen leben wir über unsere Verhältnisse.
Leider sind wir für diese Verhältnisse nur zum Teil selbst verantwortlich: insbesondere in den Bereichen Jugendhilfe und Soziales sind die Kommunen ausführendes Organ für Bundes- und Landesgesetze, erhalten aber nach wie vor keine kostendeckende Finanzausstattung.
Allerdings hat diese Situation auch ihr Gutes, da so der Spardruck nicht geringer wird und in Mettingen - wohltuenderweise - nicht über neue öffentliche Leistungen diskutiert werden muss.
Die günstige Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gewerbesteuer für eine Gemeinde erhebliche Risiken enthält. Während wir uns in diesem Jahr über eine hohe Nachzahlung freuen können, kann uns genauso in den nächsten Jahren eine große Rückzahlung ereilen und uns in die Haushaltssicherung zwingen.
Daher bleibt es der FDP weiterhin ein Anliegen, die Gewerbesteuer abzuschaffen und durch ein transparentes System mit einem höheren Anteil an der Umsatzsteuer sowie einem eigenen Hebesatz auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer zu ersetzen. Diesen Hebesatz können die Gemeinden individuell festlegen und würden somit gleichzeitig ihre Bürger transparent an Entscheidungen beteiligen, da jedem die finanziellen Auswirkungen klar werden.
Nicht zuletzt Bürgerentscheide wie in Freiburg, wo der geplante Verkauf von 7900 städtischen Wohnungen rückgängig gemacht wurde, zeigen, dass wir die Beteiligung unserer Bürgerinnen und Bürger an wichtigen politischen Weichenstellungen verbessern müssen.
Die Erhöhung der Transparenz des Handelns des Rates und der Verwaltung sowie der damit verbundenen Möglichkeit einer besseren Bürgerbeteiligung hat die FDP mit ihrem Antrag zur Einführung eines Ratsinformationssystems sowie weiterer internetbasierter Verwaltungsdienstleistungen zum Ausdruck gebracht.
Die Bezirksregierung hat mit ihrer Studie „Der demographische Wandel und seine Konsequenzen für den Regierungsbezirk Münster - Bevölkerungsbericht 2005“ die Marschrichtung unseres politischen Handelns in der Zukunft vorgegeben.
Die Entwicklung der Einwohnerzahlen wird rückläufig sein. Glaubt man den Berechnungen, so könnte die Einwohnerzahl Mettingens im Jahr 2050 im worst case bei 8.200 liegen. Bereits heute zeichnet sich diese Entwicklung ab. per 30.06.2006 ist die Einwohnerzahl Mettingens auf 12.200 gesunken, die Nachfrage nach Baulaund verläuft schleppend, wir werden uns darauf einrichten müssen, in den kommenden Jahren Kindergartengruppen zu schließen und die Schulstruktur zu verändern.
Wir werden alle älter - dem Einen sieht man es an, der Andere fühlt sich so.
Aber Spaß beiseite: wir merken es doch bereits heute. Das Angebot an Wohnraum für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger im Ortskern nimmt zu und wird weiter zunehmen. Mit dem Umzug zu Telsemeyer wird das Rathaus möglicherweise auch in Altenwohnungen umgewandelt.
Egal welche Studie man liest, wird klar, dass wir auf Dauer ein Problem in unseren Wohngebieten bekommen werden. Wir müssen daher vernetzte Lösungen entwickeln, die es unseren älteren Mitbürgern ermöglichen, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben.
Es wird in der Zukunft einen Wettbewerb zwischen den Gemeinden um junge Familien geben. Jeder wird versuchen, Standortvorteile herauszustellen. Die Stadt Emsdetten hat es jüngst mit ihrem eigenen Kindergeld gezeigt.
Hier muss sich auch Mettingen positionieren. Wir müssen unseren Ruf als familienfreundliche Gemeinde stärken und weiterentwickeln. Wie wäre es z.B. mit einem „Wegweiser“ für Neubürger, etwa in Form einer Broschüre, in der strukturiert das Waren- und Dienstleistungsangebot Mettingens dargestellt wird.
Auf jeden Fall rege ich an, im nächsten Jahr einen Neubürgerempfang zu organisieren, um diesen die Wertschätzung der Gemeinde zu vermitteln und einen Teil dazu beizutragen, dass sich „neue Mettinger“ in Mettingen wohl und willkommen fühlen.
In diesem Zusammenhang wird das ehrenamtliche Engagement unserer Mettingerinnen und Mettinger immer wichtiger. Zahlreiche Menschen engagieren sich in Vereinen und Verbänden, sind sozial engagiert - und das alles zum Nulltarif. Nicht immer ist der Ruf nach dem Staat erforderlich - und sinnvoll.
Um dieses Engagement nicht zu ersticken, sind die freiwilligen Zuschüsse in die Vereinsarbeit in der bisherigen Form aufrechtzuerhalten.
Im Zuge des Umzuges des Rathauses in das ehemalige Hotel Telsemeyer sind alle Potenziale zur Verschlankung von organisatorischen Abläufen in der Verwaltung zu untersuchen und auszuschöpfen. Hierzu sollte gegebenenfalls auch externer Sachverstand für eine Organisationsuntersuchung herangezogen werden.
Uns muss klar sein, dass durch effizienten Technikeinsatz der Personalbedarf künftig sinkt und sinken muss, um die durch Pensionierungen frei werdenden Stellen soweit wie möglich wegfallen zu lassen.
Nur so kann es uns gelingen, die Aufwendungen für Löhne und Gehälter sowie Beamtenbesoldungen und -pensionen langfristig in den Griff zu bekommen.
Denn ich glaube nicht, dass wir langfristig als Gemeinde mehr Geld zur Verfügung haben werden, sondern eher weniger.
Für die FDP kann ich an dieser Stelle erklären, dass wir uns jeglicher Steuererhöhungsdebatte widersetzen werden. Ich bin davon überzeugt, dass die Bürger mit dem Geld, das sie in der eigenen Tasche behalten, verantwortungsvoller umgehen können als die öffentliche Hand.
Vielmehr sind alle Anstrengungen darauf zu richten, mit dem Geld unserer Bürgerinnen und Bürger verantwortungsbewusst umzugehen.
Wir profitieren künftig besonders von der Neuregelung der Beteiligung der Gemeinden an den Kosten des Arbeitslosengeldes II, weil hier in Mettingen im Bereich der Sozialhilfe bereits in der Vergangenheit die Hausaufgaben gemacht worden sind.
Mit dem Kompromiss, von der gesetzlichen 50:50-Regelung abzuweichen und eine 1/3:2/3 - Lösung im Kreis Steinfurt anzustreben, kann die FDP gut leben.
Nicht gut ist jedoch die in Aussicht genommene Laufzeit bis zum Jahr 2011. Hierdurch wird der Druck von den Gemeinden genommen, die bislang nicht in ausreichendem Maße alle Register zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in das Arbeitsleben gezogen haben.
Hier ist eine deutlich kürzere Laufzeit von 3 Jahren anzustreben.
Was lange währt wird (vielleicht) endlich gut - so kann man vielleicht die Odyssee unseres Hallenbades beschreiben. Nach der - von der FDP abgelehnten - Sanierung in 2002 erfolgt jetzt die Sanierung der Sanierung. Mangels Alternative sehe ich jedoch keine andere Möglichkeit. Der Ruf des Bades ist bereits „angegriffen“, daher habe ich es in den letzten 2 Jahren stets befürwortet, alles zu unternehmen, was eine vorläufige Schließung durch das Gesundheitsamt verhindert.
Jetzt muss die endgültige Sanierung kraftvoll vorangetrieben werden und gleichzeitig gegen agn und die beteiligten Unternehmen mit allen erforderlichen juristischen Mitteln vorgegangen werden.
Noch ein Wort zu der ins Auge gefassten Bebauung des südlichen Kirchplatzes: grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, die Ortskernentwicklung auch an dieser Stelle voranzutreiben.
Bei der Vorstellung der ersten Ideen in der letzten Bauausschusssitzung wurde jedoch auch deutlich, wie sensibel das Thema gerade für unsere Kaufmannschaft ist.
Wir verlören zudem im Ortskern eine einmalige Platzsituation, sei es als zentraler Parkplatz, von dem aus alle Einrichtung im Ortskern gut erreichbar sind, sei es als Kirmesplatz.
Auch wenn im Ortskern verteilt ausreichend Parkmöglichkeiten bestehen, so wird dieser aufgrund seiner Lage doch sehr gut angenommen.
Ich halte daher den Vorschlag der CDU für richtig, die Bebauung südlich der St. Agatha-Kirche in ein Gesamtkonzept für den Ortskern einzubinden - ohne dadurch jedoch eine Entwicklung an der geplanten Stelle letztlich verhindern zu wollen. Denn klar ist auch, dass ein Gemeinwesen auch immer von der Veränderung lebt und profitiert. Dass dies nicht jedem gefällt ist verständlich, kann aber letztlich kein Hinderungsgrund für eine Entwicklung sein.
Insgesamt sind die Beratungen dieses Doppelhaushaltes 2007/2008 entspannter als diejenigen der früheren Jahre. An das strukturelle Defizit haben wir uns mittlerweile fast gewöhnt, ebenso an die Verlängerung der Galgenfrist bis zur Haushaltssicherung.
Die finanziellen Spielräume bleiben insgesamt eng. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die geplanten Ausgaben vertretbar sind. Hinzu kommt, dass erneut eine Reduzierung des Schuldenstandes vorgenommen werden soll.
Die FDP wird dem vorgelegten Verwaltungs- und Vermögenshaushalt 2007/2008 daher zustimmen.
Abschließend bleibt mir nur noch, Ihnen eine besinnliche und harmonische Weihnachtszeit und einen schwungvollen Jahreswechsel zu wünschen.
Ich sage danke für die gute Zusammenarbeit mit Rat und Verwaltung und freue mich mit Ihnen auf ein spannendes und ereignisreiches Jahr 2007.